Im Ungarischen Kulturinstitut, Stuttgart

DIALOG ÜBER DAS ERLEBEN VON ARCHITEKTUR

            Das Ungarische Kulturinstitut in Stuttgart setzt nunmehr eine seit vielen Jahren gepflegte Tradition fort wieder einen einheimischen deutschen und einen ungarischen Künstler einzuladen und ihre Werke in einer Doppelausstellung zu präsentieren. In der Reihe der Künstlerbegegnungen, die Mitte Februar (erst) online eröffnen wird, diesmal mit Zoltán Tombor, ein Fotograf, der nach einem Umweg in Mailand und New York wieder in Ungarn lebt und arbeitet, und dem Freien Fotodesigner DGPh  Dr. Ralph Fischer, der die Ikonen der deutschen Architektur der Moderne verewigt.

            Als man von den beiden Oeuvren erfuhr, wurde klar, dass sie zwar zwei Schöpfer mit völlig unterschiedlichen Visionen und Habitus sind, aber auch durch ganz außergewöhnliche Parallelen gekennzeichnet sind. Aufgrund des jahrzehntelang gesammelten Bildmaterials haben beide einen reifen Geschmack, wie eine Spätlese, entwickelt. Am ähnlichsten ist jedoch die Aktivität und das Bewusstsein der visuellen Inklusion und Wahrnehmung, sowie die mehr als einmal einzigartige Auswahl von Gesichtspunkten, mit denen beide auf unterschiedliche Weise „Bildarchitekturen“ erstellen – im Sinne von Lajos Kassák oder Sandór Bortnyik.

Dies geschieht auf wechselseitige oder umgekehrte Weise, da sie mit Hilfe ihrer Kameras neue räumliche Darstellungen aus dem beobachteten dreidimensionalen Raum, meist jedoch aus Raumsegmenten, zusammensetzen. Oft werden die geometrischen räumlichen Elemente zu geometrischen planaren Elementen. Durch das Nebeneinanderstellen einiger Fotos mit demselben Motiv wird deutlich, dass die Kompositionen in einer gut interpretier- und lesbaren Beziehung zueinander stehen. Sie sprechen miteinander. In geeigneten Gruppen wird ein Bilddialog geschaffen. Neue geometrische Ebenen entstehen in den gedanklichen Überlappungen. Versteckte Linien-, Schatten- oder Oberflächenkoinzidenzen rufen die Erfahrung hervor, zwischen Linien zu lesen, sogar Halbsätze zu verstehen.

            Während der Gespräche mit den Künstlern schien sich eine weitere gemeinsame Sektion zu bilden, und dies war die Hommage an das Bauhaus, insbesonders an László Moholy-Nagy. Aus diesem Grund haben wir eine der in deutscher Sprache veröffentlichten Kapitelüberschrift von Moholys Buch ausgewählt: Über das Erlebnis von Architektur.[1]          

            Aufgrund der Pandemie konnten sich die beiden Künstler in der Realität noch nicht die Hand geben, und der Titel der Ausstellungsreihe kann sich vorerst nur auf das Zusammentreffen ihrer Werke beziehen. Wir können aber sicher sein, dass noch viel über diese Zusammenarbeit und gemeinsame Auswahl zu dieser Ausstellung zu reden sein wird …

Die Ausstellung wurde kuratiert von:

Márton Barki, Kunsthistoriker und Bernadette Dán, Kulturmanagerin,

beide sind Mitarbeiter des Ungarischen Kulturinstituts in Stuttgart.

www.culture.hu/hu/stuttgart


[1] László Moholy-Nagy: Von Material zu Architektur. Gebr. Mann Verlag, Berlin, 2001